Die L1 war eine Tenderlok der Great Northern Railway von Henry Ivatt, die für den Betrieb von Pendlerzügen auf den Strecken der Metropolitan City Lines in London entwickelt wurde. Obwohl vier gekuppelte Achsen und ein Kuppelraddurchmesser von nur 1,42 m eher nach einer Güterzuglok anmuteten, wurde dieser Aufbau zum Erreichen einer möglichst schnellen Beschleunigung gewählt. Der Kessel und der Antrieb stimmten zu großen Teilen mit den vierfach gekuppelten Güterzug-Schlepptenderloks der Klasse K überein. Da sich das Einsatzgebiet in der Stadt und teilweise in Tunneln befand, war eine Einrichtung zum Kondensieren des Dampfes vorhanden. Erkennbar war diese an den Rohren von der Rauchkammer zu den Wassertanks.
Es wurde zuerst nur ein Prototyp gebaut und schnell festgestellt, dass dieser auf eine zu größe Achslast kam. Dies lässt sich dadurch erklären, dass das Gewicht des großen Kessels zusätzlich durch die Wasservorräte und die Kondensationseinrichtung erhöht wurde. Deshalb entstanden die zehn weiteren Serienmaschinen mit einem etwas kleineren Kessel, daran angepassten Zylindern und verkleinerten Wasservorräten. Diese elf Maschinen kamen wie geplant im Personenzugdienst zum Einsatz, sie scheinen sich jedoch nicht besonders bewährt zu haben. Sie bewiesen zwar die Fähigkeit zu einer sehr schnellen Beschleunigung auf 30 mph, schafften aber nicht wesentlich mehr als 40 mph.
Da die Loks eine große Zugkraft hatten, wurden 1905 und 1906 30 weitere für den Einsatz vor Güterzügen im westlichen Yorkshire gebaut. 1907 wurden auch die elf anderen aus London dorthin versetzt. Verteilt auf die Jahre von 1909 bis 1926 bekamen die Loks einen größeren Kessel, der den ursprünglichen Plänen entsprach. Bei sieben Stück wurde ein Überhitzer eingebaut und der Kesseldruck von 175 auf 170 psi reduziert. Lok Nummer 131 wurde versuchsweise auf Ölfeuerung umgebaut. Ab 1923 wurden sie bei der LNER zur Klasse R1. Ab 1927 wurden die ersten Maschinen ausgemustert. Während dieser Zeit gab es einen Vorschlag, die Loks zu dieselbetriebenen Druckluftloks umzubauen. Dabei hätte ein 400 PS starker Dieselmotor einen Tank mit Druckluft gefüllt, welche dann auf die vorhandenen Zylinder gewirkt hätte. Jedoch wurden diese Pläne nicht umgesetzt und 1934 war die letzte Maschine ausgemustert.