Der Buchstabe Э (E) bezeichnete bei den russischen bzw. sowjetischen Eisenbahnen eine Familie von Schlepptenderloks der Achsfolge E. Mit einer Stückzahl von mehr als 10.000 und einer Produktionsdauer von 45 Jahren ist sie die meistgebaute Dampflok aller Zeiten. Dabei waren nicht nur Fabriken in Russland bzw. der Sowjetunion beteiligt, sondern auch welche in anderen europäischen Ländern.
Der Entwurf stammte von Wacław Łopuszyński von der Wladikawkas-Eisenbahn. Hier waren zum ersten Mal fünf Kuppelachsen notwendig, da die Achslasten begrenzt waren und trotzdem eine ausreichend starke Güterzuglok für die steigenden Zuggewichte benötigt wurde. Hier kam das System von Gölsdorf zum Einsatz, bei dem ein Teil der Achsen seitlich verschiebbar war. Weitere Anforderungen umfassten eine Belpaire-Feuerbüchse und einen Überhitzer der Bauart Schmidt.
Die ersten 15 Loks wurden 1912 von Lugansk nur an die Wladikawkas-Eisenbahn geliefert. Bald folgten weitere Bahnverwaltungen und ab 1915 wurde die Produktion auch an andere Werke abgegeben. Der Zylinderdurchmesser vergrößerte sich von anfangs 600 über 630 auf 650 mm. Bis 1925 waren insgesamt 1.528 der Basisvariante gefertigt worden.
Da nach der Oktoberrevolution die Industriekapazität deutlich zurückgegangen war und für den Wiederaufbau eine große Zahl von Güterzugloks benötigt wurde, suchte man nun nach Herstellern im Westen. Man wandte sich zunächst an NoHAB in Schweden, wo 1.000 Exemplare der Эш gefertigt werden sollten. Der Buchstabe ш (Sch) stand hier für „Schweden”. Die ersten 18 Loks wurden umständlich und langwierig per Bahn ausgeliefert, da sich die Spurweiten in den Ländern unterschieden. Der Rest wurde dann per Schiff transportiert.
Obwohl viele Subunternehmer in die Fertigung einbezogen wurden, konnte man die bestellten 1.000 Loks nicht liefern. Nun wurde auch eine Vielzahl deutscher Hersteller mit ins Boot genommen, so dass letztlich zwischen 1921 und 1924 500 in Schweden und 700 in Deutschland gefertigt wurden. Die deutschen Loks wurden als Эг bezeichnet, wobei das г (G) für „Deutschland” stand.
Bald waren wieder Produktionskapazitäten in der Sowjetunion vorhanden, jedoch war die Industrie noch nicht bereit für eine komplette Neukonstruktion. Somit wurde die ЭУ (EU) entwickelt, die dank eines neu entwickelten Überhitzers eine Mehrleistung von 15 Prozent erreichte. Zwischen 1926 und 1931 entstanden davon 2.535 Stück.
Darauf folgte die ЭМ (EM), die vor allem mit einem höheren Kesseldruck an die gewachsenen Transportmengen angepasst wurde. Da man durch Schweißtechnik und den Wegfall des Speisedoms an einigen Stellen Gewicht eingespart hatte, ergab sich bei dieser jedoch eine ungleiche Verteilung der Achslasten. Trotzdem entstanden von dieser Variante zwischen 1931 und 1935 insgesamt 2.325 Stück.
Die Probleme mit der ЭМ wurden mit der ЭР gelöst, welche eine längere Feuerbüchse und wieder einen Speisedom hatte. Zudem erreichte sie wiederum eine Leistungssteigerung um zehn bis 15 Prozent bei einem um acht Prozent gestiegenen Wirkungsgrad. Im Zweiten Weltkrieg kamen einige nach Finnland, wo sie als Tr2 eingesetzt wurden. Da die sowjetische Industrie nach dem Kriegsende nicht mehr in der Lage war, ausreichende Mengen von Güterzugloks selber zu produzieren und auch keine Neukonstruktion in Frage kam, wurden weitere ЭР im eigenen Land und auch in anderen Ländern des Warschauer Pakts gebaut. Als die Produktion 1957 endete, waren insgesamt 3.044 ЭР entstanden.
Auf Grund ihrer großen Stückzahl fand die Э Verbreitung im gesamten Land. Dabei wurde sie nicht nur vor Güterzügen eingesetzt, sondern auch vor Personenzügen. Über die Jahre wurde sie für diverse Erprobungen genutzt, wie z.B. von Thermosiphons, Verbesserungen an der Feuerbüchse oder Kohlenstaubfeuerung. Obwohl die Fertigung bis in die Fünfziger lief, wurden in diesem Zeitraum bereits viele der älteren Varianten in den Rangierdienst verlegt oder an die Industrie abgegeben. In den Sechzigern starteten die Ausmusterungen in größerer Zahl.