Die Klasse 20, offiziell bezeichnet als English Electric Type 1, war die erste in Serie gefertigte britische Streckendiesellok. Sie lag am obersten Ende der Leistungsklasse 1 mit maximal 1.000 PS und war für den leichteren Betrieb mit gemischten Güterzügen vorgesehen. Somit verzichtete man auf einen Heizkessel für Personenzüge und schöpfte die Kraft aus der Achtzylindervariante des English-Electric-Dieselmotors. Die Motorkennung 8SVT wies dabei auf einen V8-Motor mit Aufladung hin. Dessen Geräusch führte zum Spitznamen „Chopper”.
Unüblich für britische Loks, verbaute man nur ein Führerhaus an einem Ende der Loks mit je einem Führerpult für jede Richtung. Da man zu dieser Zeit gerade erst in der Umstellung von Dampf auf Diesel war, ließen sich die schlechten Sichtverhältnisse in eine Richtung aber verschmerzen. Da die vorher entwickelten Dieselloks dieser Leistungsklasse kein Erfolg waren, bestellte man gleich 128 Stück, die zwischen 1957 und 1962 ausgeliefert wurden.
Die Loks kamen wie geplant vorrangig im Güterzugverkehr zum Einsatz und wurden meist mit dem Führerhaus voraus gefahren. Im Sommer wurden sie auch zur Verstärkung des Personenverkehrs eingesetzt, außerdem gehörte der Verschub leerer Personenzüge zu ihren Aufgaben. Die Lichtanlage bestand anfangs aus der Vielzahl an Lampen zur Bildung von Kombinationen für die Kennzeichnung der Zugart, wie sie bei britischen Dampfloks üblich war. Diese wurden ab 1960 gegen die großen Kästen zur Anzeige der Zugnummern ersetzt.
Zwischen 1965 und 1968 wurden weitere 100 Exemplare gebaut, was die Gesamtzahl auf 228 brachte. Einige wurden mit einer Langsamfahrsteuerung für das Be- und Entladen von Kohlezügen geliefert. Als die leichten gemischten Güterzüge auf Grund des wachsenden Straßenverkehrs immer weniger wurden und keine leichten Streckenloks mehr benötigt wurden, sah man die Loks immer öfters in Paaren vor schwereren Zügen. Dabei wurden sie mit den Führerhäusern nach außen zusammengekuppelt, um eine ausreichende Sicht in beide Richtungen zu erlauben. Die Kohlezüge im Schottischen Tiefland wurden sogar teilweise von drei Loks gezogen.
Zum Ende der British-Rail-Era waren sie kaum noch auf Hauptstrecken vor regulären Zügen zu finden. Nach der Privatisierung kam die Klasse 20 bei ihren neuen Betreibern zunehmend für Spezialaufgaben zum Einsatz. Einige wurden für Bauzüge verwendet und halfen dabei beim Bau des Eurotunnels und der Strecke „High Speed 1” von London zum Eurotunnel. Einige kamen in dieser Aufgabe sogar zeitweise in Frankreich zum Einsatz. Direct Rail Services betreibt Züge zum Transport von Atommüllbehältern mit je einer Lok an jedem Ende. Ebenso eine Lok an jedem Ende hatten die „Railhead Treatment Trains” von DRS, die die Gleise im Herbst bei hoher Geschwindigkeit per Hochdruck von Laub befreiten. Seit 2020 werden die Loks der Klasse 20 nicht mehr in dieser Rolle eingesetzt. Zu dieser Zeit war die Anzahl der Loks allgemein schon sehr stark geschrumpft, auch die Einsätze bei der Auslieferung der neuen S-Stock-Wagen der Londoner U-Bahn waren zu diesem Zeitpunkt schon Geschichte. 22 Exemplare werden für die Nachwelt erhalten. Sie sind alle einsatzfähig, entweder nur für einzelne Museumsstrecken oder mit einer Freigabe für alle Hauptstrecken.