In Italien bestand in den Dreißigern der Bedarf nach neuen Fahrzeugen für den staatlich geförderten Ausflugsverkehr und den Schnellverkehr zwischen Städten. Daraufhin wurde der ALn 772 entwickelt, wobei das Kürzel für „Automotrice Leggera a nafta” stand, also für „Leichter Dieseltriebwagen”. Dank einer modernen Konstruktion und elektrischer Schweißtechnik wies das zweimotorige Fahrzeug mit 72 Sitzplätzen ein Leergewicht von nur 37 Tonnen auf.
An jedem Ende befand sich ein Führerstand mit einem stehenden Sechszylinder-Diesel, der in Lizenz von Saurer gefertigt wurde. Sie verfügten jeweils über einen Hubraum von 14,3 Liter und leisteten je 150 PS. Die Motoren waren gefedert im Wagenkasten befestigt, um Geräusche und Vibrationen im Innenraum zu reduzieren. Da die Drehgestelle nicht wie bei anderen Triebwagen dieser Zeit die Motoren aufnehmen mussten, konnten günstigere, ältere Konstruktionen verwendet werden. Der Antrieb erfolgte über hydrostatische Getriebe und erlaubte eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h.
Die Fertigung sollte zunächst bei der Officine Meccaniche in Mailand erfolgen. Auf Grund von Anlaufschwierigkeiten mit den neuartigen Fertigungsmethoden und begrenzter Kapazitäten wurde das erste Baulos von 200 Fahrzeugen zur Hälfte an Fiat abgegeben. Die Produktion wurde im Zweiten Weltkrieg auf Grund anderer Prioritäten gestoppt, aber später dank des Marschallplans wieder aufgenommen. Bis 1957 entstanden insgesamt 327 Fahrzeuge für italienische Kunden, unter denen neben der FS auch einige kleinere, private waren.
Die Fahrzeuge erreichten im Dienst teilweise Durchschnittsgeschwindigkeiten von über 100 km/h. Konkurrenz durch neuere Triebwagen bekamen sie erst in den Sechzigern. In den Siebzigern verlagerte sich der Dienst zunehmend auf Nebenstrecken. Ab 1981 ließ man die Untersuchungsfristen nach und nach ablaufen, so dass die Fahrzeuge bis 1986 ausgemustert wurden. Heute sind nur sehr wenige Exemplare erhalten, was auf die Ausführung der Geräuschdämmung für den Fahrgastraum zurückzuführen ist. Da dafür größere Mengen von Asbestfasern verwendet worden waren, ergaben sich mit zunehmender Alterung des Materials gesundheitliche Gefahren, die eine Restaurierung nur unter erheblichem Aufwand möglich machten.
Polen benötige nach dem Krieg dringend neue Fahrzeuge für den Personenverkehr. Da der ALn 772 Ähnlichkeiten mit den aus der Vorkriegszeit vorhandenen Luxtorpeda hatte war die Idee, einige dieser Triebwagen zu beschaffen. Polen hatte zwar zu wenige Devisen, aber qualitativ hochwertige Kohle. Da Italien kaum hochwertige Kohle für den effizienten Betrieb von Dampfloks hatte, einigte man sich über die Lieferung von drei ALn 772 im Tausch gegen Kohle. Polen analysierte die 1951 ausgelieferten Fahrzeuge und fertigte Nachbauten als SD80 an. Sie verrichteten für längere Zeit ihre Dienste im Schnellverkehr und wurden ab 1967 zu Bahndienstfahrzeugen SR70 umgebaut.