Um die Kapazitäten für den Transport schwerer Personenzüge in den westlichen und mittleren Teilen der Kapkolonie zu erweitern, entwickelte H.M. Beatty nach den Spezifikationen von Superintendent Michael Stephens die ersten Loks der Klasse 6. Mit einem Kuppelraddurchmesser von 54 Zoll waren sie für kapspurige Loks der 1890er Jahre durchaus für die schnelleren Züge geeignet. Die 40 Exemplare wurden von Dübs in Glasgow geliefert und führten einen neuen dreiachsigen Tender mit 5,6 Tonnen Kohle und 10,8 Kubikmetern Wasser ein.
Die Loks erfüllten die in die gesetzten Erwartungen voll und ganz und erwiesen sich als äußerst günstig im Unterhalt. 1897 wurden zehn Stück an die Staatsbahn des Oranje-Freistaats verkauft und dort als Klasse 6-L betrieben. Als der Oranje-Freistaat nach dem Zweiten Burenkrieg an britische Truppen fiel, kamen sie als Klasse 6-L1 an die Central South African Railways. Deren Manager schlug sogar vor, mit den Loks eine 48-Stunden-Verbindung für die 1.400 km lange Strecke von Kapstadt nach Johannesburg aufzubauen.
Mit der Gründung der South African Railways wurden sie weiterhin einfach als Klasse 6 geführt, weil sie die ersten ihrer Gattung waren. Als die Klasse 6 mit der Zeit von stärkeren Loks in der Rolle vor schnellen Personenzügen ersetzt wurde, entwickelte sie den Ruf als „Mädchen für alles”. Sie waren noch für mehrere Jahrzehnte vor fast allen Zugarten anzutreffen und es wurden sogar im Zweiten Weltkrieg sieben Stück an den Sudan geliefert. Die letzten Exemplare wurden erst 1973 ausgemustert, als sie schon 79 bzw. 80 Jahre lang im Dienst standen. Heute existieren noch drei Exemplare, von denen eines betriebsfähig ist und zeitweise von Rovos Rail vor dem Luxuszug „Pride of Africa” eingesetzt wird.