Die LMS erbte von der Midland Railway die vielen leichten Loks, die sehr oft in Doppeltraktion eingesetzt wurden. So sah man schwere Schnellzüge auf der West Coast Main Line meist entweder hinter einem Paar der 4-4-0 Compounds oder hinter einer 4-6-0, die große Teile der Strecke von einer 4-4-0 unterstützt wurde. Nachdem ein Exemplar der GWR Castle Class mit großem Erfolg auf dem Teilstück des Royal Scot zwischen London und Carlisle getestet worden war, wollte die LMS eine ähnliche Lok beschaffen.
Sir Henry Fowler, ehemals Chefingenieur bei der Midland und nun bei der LMS, hatte bereits Entwürfe für eine Pacific mit Verbundtriebwerk vorbereitet. Die Erfahrungen mit der Castle Class führten jedoch dazu, dass man eine 4-6-0 ohne Verbundwirkung auswählte. Bei der konkreten Entwicklung war statt Fowler die North British Locomotive Company federführend, bei der die ersten 50 Exemplare gefertigt wurden.
Statt eines Vierzylindertriebwerks mit einfacher Dampfdehnung verbaute man nur drei Zylinder und verwendete einen hohen Dampfdruck von 250 psi. Da man auf die Nachlaufachse der Pacific verzichtet hatte, musste der Kessel relativ hoch angeordnet werden und bei verhältnismäßig geringer Länge einen großen Durchmesser haben. Die Belpaire-Feuerbüchse musste über drei Meter lang sein, um beim Einbau zwischen den Kuppelrädern eine ausreichend große Rostfläche verwenden zu können. Da das Lichtraumprofil voll ausgenutzt wurde, mussten ein sehr flacher Dampfdom ausgeführt und spezielle Sicherheitsventile mit geringer Einbauhöhe entwickelt werden.
Nach der ersten Serie von 1927 wurde 1930 eine weitere Serie von 20 Exemplaren aufgelegt, die in den eigenen Werkstätten in Derby entstanden. Die meisten Exemplare waren nach britischen Armeeregimentern benannt und einige nach historischen Loks der LNWR. Letztere wurden später ebenfalls nach Regimentern benannt. Die Loks zogen vor allem den „Royal Scot” von London nach Glasgow und Edinburgh, nach dem die Klasse benannt worden war. Sie konnten die 15 Wagen ohne Unterstützung mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit um 85 km/h ziehen und erreichten damit einen sehr akzeptablen Verbrauch. Bergab waren auch Geschwindigkeiten von annähernd 130 km/h möglich. Ein Exemplar machte 1933 eine Tour durch die USA, wobei es auch auf der Weltausstellung „Century of Progress” in Chicago ausgestellt wurde.
Probleme machten anfangs die Kolbenschieber, die mit zunehmendem Verschleiß zu einem erheblich gesteigerten Dampfverbrauch führten. Auch brauchte es mehrere Anläufe, um die optimale Form für die Windleitbleche zu finden, um die Sicht der Besatzung möglichst wenig einzuschränken. 1935 wurde die Nummer 6399 „Fury” als Versuchslok mit einem Hochdruckkessel auf Basis der Royal Scot gebaut. Sie hatte ein Verbundtriebwerk mit drei Zylindern, wurde aber später rückgebaut auf einen ähnlichen Stand wie die Royal Scot, bloß mit einem moderneren Kessel, der sich nach vorne verjüngte.
Zwischen 1943 und 1955 wurden alle 70 Exemplare der Royal Scot auf einen Stand umgebaut, der sich an der rückgebauten „Fury” orientierte. Bis auf die Räder, Führerhäuser, Teile des Rahmens und einiger Anbauteile wurden keine Teile wiederverwendet, wobei es sich in der Realität eher um einen Neubau handelte. Die Namensschilder wurden beibehalten, jedoch im Regelfall nicht an der gleichen Lok angebracht, von der die übernommenen Baugruppen stammten. Somit wurden die umgebauten Loks als eigene Klasse mit dem Namen „Rebuilt Scot” behandelt. Bei der Maximalleistung konnten sie durchaus mit den Pacifics der Coronation Class mithalten. Sie wurden zwischen 1962 und 1966 ausgemustert.