Wie bereits bei der 01 beschrieben, war man sich bei der Konstruktion der ersten Einheits-Schnellzuglok noch nicht sicher, welche Triebwerksart die beste sein würde. Somit entstand die 02 als Alternative zur 01, um verschiedene Bauweisen vergleichen zu können. Während die 01 über ein Zwillingstriebwerk verfügte, wurde die 02 von vier Zylindern mit Verbundwirkung angetrieben. Die 02 war sogar noch vor der 01 einsatzbereit und gilt somit als erste Einheits-Dampflok der Reichsbahn. Mit ihr begann auch die Verwendung von Barrenrahmen bei der Reichsbahn, mit denen die Bayerische Staatsbahn bereits gute Erfahrungen gemacht hatte.
Bis auf das Triebwerk waren die beiden Baureihen fast identisch, um die optimalen Bedingungen für einen Vergleich zu schaffen. Statt der zwei Zylinder mit jeweils 600 mm Durchmesser bei der 01 bekam die 02 je zwei Zylinder mit einem Durchmesser von 720 und 460 mm. Auf Grund der tendenziell ruhigeren Laufeigenschaften dieses Triebwerks wurden sie von Anfang an für 130 km/h zugelassen, was bei ihrer Schwester erst nach Umbauten der Fall war.
1925 und 1926 wurden von beiden Varianten je zehn Exemplare gebaut, die man nun im alltäglichen Betrieb im Bereich der Betriebswerke Erfurt, Hamm und Hof verglich. Wie zu erwarten war, verfügte die 02 bei höheren Geschwindigkeiten über eine bessere Laufruhe und eine minimal höhere Leistung. Der Verbrauch lag bei Reisegeschwindigkeit niedriger als der der Zwillingsmaschine, in unteren Geschwindigkeitsbereichen lag er jedoch entgegen der Erwartungen höher.
Einige Experten argumentieren jedoch, dass die Dampfwege der beiden Lokomotiven so ausgelegt worden war, dass deren Charakteristiken eher für zweizylindrige Maschinen geeignet waren. Schließlich kam man zu dem Ergebnis, dass die 01 mit ihren zwei Zylindern die bessere Wahl für eine Serienfertigung sei. Heute ist bekannt, dass der damalige Bauartdezernent Wagner eine persönliche Abneigung gegenüber Verbund-Dampfloks hatte und die schwierigere Wartung seiner Meinung nach die Vorteile durch den niedrigeren Verbrauch zunichte machte. Vermutlich hätte man mit einer anderen Auslegung der Dampfmaschine deutlich bessere Leistungen erreichen können, woraufhin die Nachteile der vier Zylinder hätten in Kauf genommen werden können.
Trotz der ausgebliebenen Serienfertigung wurden die zehn Exemplare der Baureihe 02 weiterhin eingesetzt. Da sie jedoch bis auf das Triebwerk mit der 01 baugleich waren, baute man alle zwischen 1937 und 1942 ebenfalls auf zwei Zylinder um. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Maschinen im Raum Hof im Einsatz, wo auch die Erprobungen stattgefunden hatten. Somit blieben sie nach dem Krieg auf dem Gebiet der Bundesbahn und man nahm im Betrieb keine Unterscheidung zu den eigentlichen 01 vor. Als letzte wurde die 01 234, ehemalige 02 003, am 8. Mai 1972 ausgemustert.