Die O1 wurde von Sir Nigel Gresley für die Great Northern Railway entworfen, um die Anzahl der schweren Kohlezüge zwischen Grantham und London durch stärkere Loks zu reduzieren. Bisher kamen dort die Klassen Q1 und Q2 mit der Achsolge D zum Einsatz und der benötigte größere Kessel sollte mittels einer zusätzlichen Achse ermöglicht werden. Da es bei der Einfahrt nach London viele Spurwechsel zu durchfahren gab, erachtete man eine Vorlaufachse zur Verbesserung der Laufeigenschaften als notwendig. Dabei blieb es bei der Anzahl von vier Kuppelachsen.
Den größeren Kessel leitete Gresley von den Atlantic-Schnellzugloks der Klasse C1 ab, die noch sein Vorgänger Ivatt entwickelt hatte. Wie schon bei den 1'C-Loks der Klassen K1 und K2 ordnete Gresley die Zylinder außen an, um ihre Dimensionen vergrößern zu können. Schon die erste Maschine zeigte ihre Leistungsfähigkeit, indem sie einen Zug aus 78 zweiachsigen Kohlewagen und zwei 20-Tonnen-Bremswagen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 27,5 mph oder 44 km/h zog. Ihre Vorgänger waren dabei auf 60 Wagen beschränkt.
Die ersten fünf Maschinen wurden 1914 in Doncaster gebaut, die zweite Bestellung von 15 konnte auf Grund des Krieges zunächst nicht fertiggestellt werden. Die bereits vollständigen Baugruppen konnten aber nach Kriegsende zur North British Locomotive Company gebracht 1918 und 1919 als fertige Lokomotiven ausgeliefert werden. Als Weiterentwicklung entstand die O2 mit drei Zylindern. Die O1 gingen 1923 mit der gesamten GNR in den Bestand der LNER über und wurden 1944 in O3 umbenannt, da zu diesem Zeitpunkt eine andere Lok mit der Bezeichnung O1 von Thompson eingeführt wurde. Als 1948 die British Railways gegründet wurden, waren noch 17 Exemplare vorhanden, die alle bis 1952 ausgemustert wurden.